✦ Alltagskämpfe
Zwischen Essverweigerung, Machtkampf und echten Signalen – so reagierst du richtig
Dein Kind schiebt den Teller weg. Es weint, wenn es Gemüse sieht. Oder es isst tagelang nur Nudeln ohne Soße. Als Elternteil stehst du zwischen Sorge („Bekommt es genug?“) und Frustration („Warum macht es so ein Theater?“). Aber: Essverweigerung ist bei Kindern viel häufiger normal als besorgniserregend wenn du verstehst, was dahintersteckt und wie du darauf reagieren kannst.
Kein Druck – aber klare Struktur
„Okay, du musst nichts essen aber das ist jetzt unsere gemeinsame Essenszeit.“ Kinder brauchen klare Abläufe, aber auch das Gefühl, dass sie selbst entscheiden dürfen. Kein Zwang aber auch keine Alternativshow.
Bleib ruhig – kommentarlos zurücknehmen
Wenn dein Kind nicht isst: Kein Drama, kein Verhandeln. → Teller kommentarlos abräumen, in der Küche sichtbar hinstellen. So signalisierst du: Essen ist normal – kein Machtspiel.
Körpersprache beobachten , nicht nur den Teller
Manche Kinder verweigern Essen aus Reizüberflutung, Unwohlsein oder Überforderung. → Achte auf Müdigkeit, Stresszeichen oder Ablenkung (z. B. zu viel Bildschirm davor).
Paradoxe Intervention
Sag ganz ruhig: „Du brauchst gerade nichts zu essen. Dein Körper weiß, wann er Hunger hat. Ich bin da, wenn du soweit bist.“ → Das entlastet sofort und viele Kinder greifen dann von sich aus zum Essen, sobald der Druck weg ist.
Warum isst mein Kind nicht?
1. Entwicklungspsychologisch völlig normal
Zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr sinkt der Appetit bei vielen Kindern deutlich – weil das Wachstumstempo nach der Babyzeit stark abnimmt.
→ Das Gehirn ist beschäftigt mit Autonomie, Sprache, Motorik nicht mit kulinarischer Vielfalt.
2. Essverhalten = Beziehungskommunikation
Kinder drücken mit Essen (oder Verweigerung) oft etwas anderes aus:
- „Ich will selbst bestimmen.“
- „Ich will gesehen werden.“
- „Ich fühle mich innerlich nicht sicher.“
3. Neophobie ist normal (Angst vor Neuem)
Viele Kinder lehnen unbekannte Speisen automatisch ab v. a. zwischen 2 und 5 Jahren. Das ist ein evolutionäres Schutzverhalten.
4. Essen wird zu Machtmittel
Wenn das Kind merkt: „Mama oder Papa reagieren jedes Mal stark“, wird Essen unbewusst zur Bühne für emotionale Kontrolle.
5. Körperliche Gründe nicht vergessen
Appetitverlust kann auch durch Übermüdung, Infekte, Wachstumsphasen oder emotionale Belastungen entstehen. Nicht immer ist das Verhalten „absichtlich“.
Alltagstipps für entspannteres Essen

1. Rituale schaffen:
feste Essenszeiten, ruhiger Tisch, keine Ablenkung.

2. Vorleben statt überzeugen:
Was du isst, prägt mehr als Worte.

3. Miniportionen anbieten:
Lieber 3 Löffel als 3 Teller – Kinder hassen Überforderung.

4. „Probierlöffel“ einführen:
Kein Zwang aber Einladung zum Kosten.

5. Nicht über Geschmack diskutieren:
Kein „Das schmeckt doch!“, sondern: „Du darfst lernen, was dir schmeckt.“

6. Vertrauen ins Hungergefühl stärken:
Sag öfter: „Du spürst, wann du satt oder hungrig bist.“
Was anderen Eltern geholfen hat
„Als ich aufgehört habe, ständig zu fragen, ob sie was essen will – hat meine Tochter wieder von allein angefangen.“
– Nina, Mama von 2 Kindern (4 & 7 Jahre)
➤ Lies auch: Mein Kind hört nicht – was kann ich tun?
⚠️ Warnsignale – Wann du Hilfe holen solltest
- Dein Kind nimmt über Wochen sichtbar ab
- Es zeigt Panik oder Ekelreaktionen beim Essen
- Es verweigert fast alle Nahrungsmittelgruppen
Du hast selbst massive Angst oder Verzweiflung beim Thema Essen
→ In diesen Fällen: bitte mit Kinderärztin oder Essstörungsspezialistin sprechen.
Fazit
Kinder lernen essen genauso wie sprechen oder laufen – in Phasen, mit Rückschritten und ganz individuell. Nicht jeder Appetitverlust ist bedenklich. Nicht jedes Verhalten ist ein Machtspiel.
Bleib ruhig, strukturiert und verbunden – und vertraue: Kein Kind lässt sich absichtlich verhungern.
Wenn du dich oft hilflos fühlst, ist das kein Zeichen von Schwäche. Es zeigt nur: Du nimmst dein Kind ernst. Und du darfst dich selbst auch liebevoll begleiten.
📚 Buchempfehlung nochmal als Reminder: Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen: (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) von Philippa Perry (Autor) 2021





