✦ Angst & Unsicherheit
Was du jetzt tun kannst
Du beobachtest dein Kind: Es wird stiller, lieber zu Hause früher aufregende Aktivitäten meidet es nun. Es sagt Dinge wie: „Ich möchte heute nicht mit…“ oder „Ich will lieber allein sein“.
Du spürst die Sorge: „Was passiert da?“ „Ist das nur eine Phase?“ „Mache ich etwas falsch?“
Das Gefühl, dass etwas mit deinem Kind nicht stimmt, kann sehr belastend sein. Denn Rückzug und häufige Ängste sind kein „normales bisschen Scheu“ mehr, wenn sie den Alltag dominieren. Studien zeigen: Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen zwischen etwa 4 % und 20 % sind betroffen. PubMed Central+2Frontiers+2
In diesem Artikel erfährst du:
wie du in akuten Momenten richtig reagieren kannst,
warum dein Kind so reagiert was dahinter stecken kann,
und 6 Alltagstipps, mit denen du deinem Kind helfen kannst, sich wieder sicherer und weniger isoliert zu fühlen.
Akut Intervention
Nimm die Angst ernst
Wenn dein Kind sagt: „Ich möchte nicht mit zur Party“, „Ich kann heute nicht zur Schule“, „Ich fühl mich nicht gut“, dann ist das kein Jammern, sondern ein Signal. Körperliche Symptome wie Bauchweh, Kopfschmerzen oder Schlafprobleme können Ausdruck von Angst sein.
Sag zum Beispiel:
„Ich merke, du bist gerade sehr still. Magst du mir erzählen, was dich beschäftigt?“
So öffnest du ein Gespräch, machst dein Kind nicht kleiner sondern bist ehrlich, empathisch.
Präsenz zeigen – ohne Druck
Jetzt heißt es: da sein nicht überfordern. Zeige, dass du für dein Kind da bist, ohne sofort Lösung aufzudrängen.
Beispiel:
„Wenn du magst, können wir zusammen kurz spazieren gehen und schauen, wie es dir danach geht.“
So gibst du Halt und das Signal: „Du bist nicht allein.“ Gleichzeitig bleibt der Schritt überschaubar und machbar.
Rückzug gezielt unterbrechen
Rückzug kann sich verstärken, wenn nichts passiert. Versuche daher mit kleinen Schritten, die Isolation zu durchbrechen.
Beispiel:
Eine kurze Einladung (nur 10 Minuten) bei einem Freund oder einer Freundin.
Ein gemeinsames Spiel/eine Aktivität zuhause (nicht schulisch), die dein Kind entspannt.
So wird Rückzug zu einer bewältigbaren Etappe, nicht zur Dauerlösung.
Paradoxe Intervention oder Perspektivenwechsel
Statt ständig zu fragen: „Warum machst du das nicht?“ hilft die Frage:
„Was würde dir helfen, damit du dich wieder sicherer fühlst?“
Lass dein Kind mitentscheiden: z. B. „Wollen wir zuerst gemeinsam reden oder lieber spazieren gehen?“ Das fördert Selbstwirksamkeit statt Hilflosigkeit.
Manchmal kann es auch sinnvoll sein, eine Zwischenlösung anzubieten:
„Wenn heute kein großer Ausflug geht, machen wir erstmal nur einen kleinen Schritt und schauen morgen weiter.“
Damit nimmst du Druck raus und gibst deinem Kind Raum, ohne Isolation zuzulassen.
Warum zieht sich mein Kind zurück?
Mehrere Faktoren spielen häufig zusammen hier eine leicht verständliche Übersicht:
Angststörungen: Kinder mit übermäßiger Angst vermeiden Situationen, fühlen sich oft überfordert oder unsicher. AAFP+1
Überempfindliches Temperament / hohe Empfindsamkeit: Manche Kinder nehmen Reize intensiver wahr (z. B. Lärm, Menschenmengen) Rückzug ist dann eine Schutzstrategie.
Soziale Unsicherheit oder Mobbing-Erfahrungen: Angst vor Bewertungen, Ausgrenzung oder Konflikten kann dazu führen, dass das Kind Rückzug wählt. Child Mind Institute+1
Familiäre oder Umwelt-Belastungen: Streit, Trennung, Umzug oder starker Druck können Angst und Rückzug fördern. Frontiers+1
Körperliche Beschwerden oder Schlafmangel: Häufig werden Angst und Rückzug durch körperlichen Stress verstärkt (z. B. schlechter Schlaf, häufige Kopf-/Bauchschmerzen). The Pharmaceutical Journal+1
Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen: Bei vielen Kindern mit Angst treten auch depressive Symptome oder Verhaltensauffälligkeiten auf.
Wichtig: Rückzug ist nicht einfach „Faulheit“ oder „Trotz“ sondern oft ein Zeichen von Überforderung oder Schutzmechanismus.
6 Alltagstipps für mehr Sicherheit & Nähe

1. Tages- oder Wochenritual einführen
z. B. „Montag-Spaziergang“, „Donnerstag–Spieleabend“. Rituale geben Sicherheit.

2. Offene Gespräche ermöglichen
z. B. beim Abendessen fragen: „Gab’s heute einen Moment, der dir leicht vorkam? Und einen, der schwer war?“ Zeige Interesse, ohne Druck.

3. Ermutige kleine Schritte
Plane gemeinsam eine Aktivität ein, die dein Kind als machbar empfindet. Kein „Großes“ gleich, lieber viele kleine Erfolge.

4. Rückzugsraum schaffen
Gib deinem Kind einen eigenen ruhigen Bereich oder eine Aktivität, in der es sich sicher fühlen darf (z. B. Lesen, Malen, Musik).

5. Körper und Seele stärken
Achte auf ausreichend Schlaf, Bewegung an der frischen Luft, gutes Essen. Ein stabiler Körper hilft gegen Angst.

6. Beziehung zur Schule/Gruppe im Blick behalten
Sprich (wenn nötig) mit Lehrkräften oder Betreuern über Rückzug oder Veränderungen im sozialen Verhalten. Frühzeitige Kommunikation ist hilfreich.
Was anderen Eltern geholfen hat
Wir haben nicht sofort gesagt: ‘Reiß dich zusammen!’ sondern: ‘Ich sehe, dass du dich zurückziehst. Ich bin da.’
Danach habe ich meinem Kind erlaubt, erstmal allein mit dem Hund rauszugehen, das war der erste Schritt zurück in den Alltag.“
Solche kleinen Zeichen von Verständnis und gemeinsamer Schritt-für-Schritt-Entwicklung haben vielen Familien geholfen.
Warnsignale – Wann du Hilfe holen solltest
Es gibt Punkte, an denen externe Unterstützung ratsam ist:
Dein Kind zieht sich über Wochen oder Monate hinweg massiv zurück.
Es zeigt starke körperliche Symptome (z. B. anhaltende Kopf-/Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit, Panikattacken).
Es vermeidet nahezu alle sozialen Kontakte, Freunde, Schule oder Hobbys.
Du spürst, dass dein Kind zunehmend deprimiert, hoffnungslos oder ängstlich aussieht.
Der Alltag läuft kaum noch Schule, soziale Kontakte oder Tagesstruktur brechen zusammen.
In diesen Situationen ist ein Gespräch mit einer psychologischen Beratungsstelle, Kinder-/Jugendpsychiatrie oder Schulpsychologischen Dienst sinnvoll. Frühe Hilfe senkt das Risiko, dass sich Angst- und Rückzugsmuster dauerhaft verfestigen.
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Fazit: Du bist nicht allein und dein Kind kann wieder sicherer werden
Es ist mutig von dir, hinzusehen und nicht wegzuschauen. Rückzug und Angst beim Kind sind kein Zeichen von Schwäche sondern ein Hinweis darauf, dass Hilfe und Begleitung gebraucht werden.
Dein Kind braucht keine Vorwürfe, sondern deine Ruhe, dein Verständnis und deinen festen Willen, gemeinsam einen Weg zu finden. Jeder kleine Schritt zählt. Und du bist der Begleiter, nicht nur der „Problemlöser“.
Erinnere dich: Perfektion ist nicht das Ziel. Sicherheit, Vertrauen und Halt im Alltag das reicht. Und wenn es sein muss: Unterstützung holen ist ein mutiger Schritt, kein Versagen.
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Meine Grenze ist dein Halt: Kindern liebevoll Stopp sagen von Nora Imlau (Autor) 2022,





