✦ Schulangst
Ausgangslage
Ein 15-jähriger Jugendlicher im letzten Pflichtschuljahr verweigert massiv die Schule aufgrund einer Angststörung (Panik, körperliche Symptome, Vermeidungsverhalten).
Noch 7 Monate bis zum Abschluss der 9. Schulstufe.
Zielkonflikt: Behandlung der Angst vs. Schulabschluss sichern.
Grundprinzip: Sicherheit vor Leistung
Laut den Leitlinien der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Entwicklungspsychologie und Schulpsychologie (z. B. Petermann & Petermann 2018; Perry & Szalavitz 2021; Juen & Kratzer 2023) gilt:
Erst Stabilisierung, dann Reintegration.
Das bedeutet:
Solange die Angst unbehandelt und akut ist, kann schulische Leistung nicht nachhaltig aufgebaut werden.
Der Körper befindet sich im Dauer-Alarmzustand (Fight-Flight-Freeze) – Lernen ist neurobiologisch kaum möglich.
1. Schritt: Angststörung therapeutisch bearbeiten
Ziel ist eine psychische Entlastung und Stabilisierung.
Das kann beinhalten:
Psychotherapeutische oder psychiatrische Begleitung (z. B. Verhaltenstherapie mit Exposition, ggf. medikamentöse Unterstützung)
Aufbau einer Tagesstruktur ohne Leistungsdruck
Kleine Außenkontakte, um soziale Rückzugstendenzen zu verhindern
Zusammenarbeit zwischen Therapeut · Schule · Eltern
Erst wenn der Jugendliche wieder in der Lage ist, Anspannung zu regulieren, kann Lernen oder schulische Reintegration gelingen.
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2. Schritt: Bildungsweg flexibel gestalten
Parallel sollte geprüft werden, wie der Schulabschluss langfristig gesichert werden kann, ohne den Jugendlichen zu überfordern:
Option A: Angepasste Beschulung / Teilschulbesuch
Reduzierte Stundenanzahl
Einzelunterricht oder Lernbegleitung in der Schule
Vertrauensperson als Bezug
Option B: Externe Lösungen
Hausunterricht (Homeschooling mit Lernplan, Supervision durch Schule)
Fernschule oder digitale Lernplattformen
Berufsvorbereitung mit begleitender psychologischer Betreuung
Option C: Nachholen des Abschlusses
Über eine Mittelschule für Erwachsene, Produktionsschule oder integrative Berufsausbildung (z. B. Polytechnikum, Kursangebote AMS/Jugendcoaching)
Empfohlene Reihenfolge
- Akute Angst behandeln und Alltagsstabilität schaffen
(Psychotherapie, Tagesrhythmus, Sicherheitssystem aufbauen) Schrittweise schulische Perspektive entwickeln
– ohne Druck, aber mit klarer StrukturAlternative Bildungsform anpassen
– z. B. Homeschooling / Teilbeschulung / späterer AbschlussLangfristige Reintegration oder Anschlusslösung planen
– z. B. Berufsvorbereitung oder Fachschule
Praxis-Leitsatz
Ohne Sicherheit kein Lernen – ohne Perspektive keine Motivation.
Angsttherapie und schulische Planung müssen Hand in Hand gehen,
aber die seelische Stabilisierung steht immer an erster Stelle.
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Quellen
Juen, B., & Kratzer, L. (2023). Notfallpsychologie in der Praxis. Springer. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-66012-2
In-Albon Tina (2011). Kinder und Jugendliche mit Angststörungen. Kohlhammer.
Siegel, D., & Bryson, T. (2011). The Whole-Brain Child. Random House.
Brisch, K. H. (2016). Bindung und Trauma. Klett-Cotta.





